Wahlwerbespots gehören zum Wahlkampf wie der Appel zum Ei. Ach nein. Besser: Wie die Butter aufs Brot. Unser Autor hat sich die Wahlwerbespots der Parteien zur Bundestagswahl 2013 angeschaut. Resultat: Freude und Ärger, Persönlichkeiten und gewöhnliche Bürger, Käseräder und Ritter.

Christlich Demokratische Union (CDU)

Die nach Umfragen stärkste Partei Deutschlands hat sich etwas ganz Besonderes für ihren Wahlspot ausgedacht. Wirklich? Nur ein Scherz. Wie man seit mehreren Jahren schon feststellt, besteht die CDU nach außen nur noch aus einer Person: Angela Merkel. Deswegen wurde die Kanzlerin auch hautnah (durch Close-ups ist man unangenehme zwei Zentimeter entfernt) gezeigt. Die Macher wollen “unsere” Angie sympathisch rüberbringen, es eben auf die persönliche Schiene versuchen. Das Motto “Gemeinsam schaffen wir das” klingt aber eher nach “Ich schaffe das!” (für euch oder mich?)

Sozialdemokratische Partei Deutschland (SPD)

Das „Wir“ entscheidet. Nein, Steinbrück hat wegen der schlechten Presse seinen Namen (noch) nicht in „Wir“ geändert. Gemeint ist das Volk. Deshalb steht auch das Volk im Werbespot am Rednerpult. Etwas glaubwürdiger als bei der AfD wollen die Protagonisten aber eigentlich nur gut 80 Sekunden von dem Mann klauen, den wir im Wahlkampf lieben gelernt haben: Peer „#Stinkefinger“ Steinbrück. Zehn Sekunden für ein Halleluja.

Bündnis90/Die Grünen

Auf ein Duett setzen die Grünen mit ihren Spitzenkandidaten Jürgen Trittin und Katrin Göring-Eckardt. Marianne & Michael für die Kernthemen Umweltschutz, Energie- und Familienpolitik. Dabei rollt die Spitzenkandidatin ein übergroßes „Und Du?“-Rad (oder ist es doch ein von Grünschimmel befallenes Käserad) durch den Berliner Tiergarten. Erinnert ein wenig an das Gloucester Cheese Roll Festival, bei dem betrunkene Briten einem Stück Käse hinterher fallen. Eines müssen mir die Grünen aber noch erklären: Warum stehen pinkelnde Säue für artgerechte Tierhaltung?

Freie Demokratische Partei (FDP)

Vor einigen Monaten noch eine der unbeliebtesten Parteien, erholen sich die Liberalen pünktlich zur Bundestagswahl 2013. Der Wahlwerbespot dürfte aber kaum dafür verantwortlich sein. Mit Klaviermusik, glücklichen Familien, freudestrahlenden Arbeitnehmern (nein nicht Arbeitgebern) und vor allem (!) einem Kaffee trinkenden und Butterbrot schmierenden Rainer Brüderle stilecht in einer Bäckerei (Vorsicht: Lobbyarbeit der Bäckerinnung) geht die FDP auf Stimmenfang. Nur leider hat sich die FDP bei demselben Bildmaterial bedient wie die NPD (siehe Spiegel-Wahlblog vom 27.08.). Ich sage aber: Dumm gelaufen ist besser als blöd gestanden!

Die Linke

Glücklich scheint bei der Linken niemand zu sein – auch nicht die Bürger, die im Wahlwerbespot vorkommen. Wie auch? Sie können nicht mal ihren Gedankengang zu Ende führen. Zerknüllt, geknebelt oder terrorisiert von ferngelenkten Spielzeugautos – man hat es augenscheinlich nicht leicht in der Opposition und als Anhänger der Linken. Deswegen greift man zum altbewährten Ritterhelm (soll ja wieder in Mode kommen), um sein frustriertes Gesicht nicht mehr zeigen zu müssen.

Alternative für Deutschland (AfD)

“Bist du pro, bin ich anti – bist du anti, bin ich pro”– die Anti-Euro-Partei AfD möchte eine Alternative zu den großen Parteien darstellen. Geführt vom unantastbaren Prof. Bernd Lucke (und einem Logo, das sehr stark an einen Sportbekleidungshersteller erinnert), zeigt die AfD in ihrem Wahlwerbespot aufgebrachte Bürger, die leider eher wie „Schauspieler“ aus „Berlin Tag und Nacht“ wirken. Schade eigentlich, gibt es doch bestimmt (echte) Bürger, die ihre Meinung zum Euro „für umme“ äußern würden.

Piratenpartei

Deutschland. Unendliche Weiten (bis zu den Staatsgrenzen). Wir schreiben das Jahr 2013. Dies sind die Abenteuer der Piratenpartei, die mit ihrer Besatzung seit sieben Jahren unterwegs ist, um der Politik neue Welten zu offenbaren und erstmals in den Bundestag einzuziehen. Viele Lichtjahre von der deutschen Politik entfernt, dringt die Piratenpartei in Galaxien vor, die nie ein Mensch zuvor gesehen hat (Ok, das ist gelogen. Irgendjemand hat das #Neuland ja erfunden). Und hier liegt auch das Problem: Die viel umjubelten Piraten sind auf den Offline-Planeten abgestürzt. Der Wahlwerbespot im Stile der Linken kann dabei auch nicht überzeugen. Einstürzende Menschenpyramiden, grimmig schauende Lehrerinnen, deprimierte Kleinbauern – „Klarmachen zum Ändern“ heißt die nicht glaubhafte Devise. Im Weltraum der Wählergunst ist keine Luft zum Überleben. Sollte der verbleibende Sauerstoff der Partei bald ausgehen?

Bilder: m.p.3. via flickr, Rainer Sturm via pixelio.de