Für Europa war 2004 die Wahl des Europäischen Parlaments, neben der Unterzeichnung der EU-Verfassung, das entscheidende Ereignis. Doch für die meisten Menschen in Deutschland sind die Europaparlamentarier ein unbeschriebenes Blatt. Um dies zu ändern und die deutschen Kandidaten den Bürgern auf angenehme und unterhaltsame Art näher zu bringen, startete politik-digital.de im Mai 2004 den “Kand-O-Mat”.
Im Kand-O-Mat konnte und kann der User auf einer Skala von 1 bis 10 auf Grundlage gezeigter Fotos per Mausklick entscheiden, ob ein Parlamentarier auf den ersten Blick “frappant” oder “charmant” ist. Erst nach der Abstimmung erhält er dann ausführliche Informationen über diesen Kandidaten. Das führt zu Überraschungen: Was? Dieser sympathische Mensch ist bei einer Partei, die ich eigentlich nie wählen würde?
Der Europa-Kand-O-Mat mit rund 100 Kandidaten für das Europäische Parlament war der erste Kand-O-Mat seiner Art in Deutschland. In den sechs Wochen vor der Wahl wurden mehr als 900.000 Abstimmungen gezählt. Die hohe Zahl der Abstimmungen war ein großer Erfolg für das erstmalig in Deutschland eingesetzte Klickspiel.
Das Ergebnis des interaktiven Online-Spiels in der Zusammenfassung: Als sympatischste Kandidatin im Europawahlkampf entpuppte sich Wenke Christoph (PDS). Auf Platz zwei und drei folgten Benjamin von der Ahe und Stefanie Hähnlein, beide von Bündnis 90/Die Grünen. Die zwischenzeitlich führende Silvana Koch-Mehrin (FDP) landete knapp geschlagen auf Platz vier. In der Parteienwertung punkteten die Grünen: Kandidaten der Grünen wurden durchschnittlich als am “charmantesten” bewertet. Die Union landete hinter der SPD auf den beiden letzten Plätzen.
Erweiterung des Kand-O-Mat EU
Der große Erfolg des Europa Kand-O-Mats hat gezeigt, dass es neue Formen der Politikvermittlung braucht, die ohne bierernst zu sein ein Angebot der politischen Bildung enthalten. Deshalb hat politik-digital.de seine virtuellen Wahllokale nicht geschlossen, sondern eröffnete nach der Europawahl eine neue Runde mit den nun gewählten Volksvertretern. Der Kand-O-Mat wurde nach der Wahl mit den 99 gewählten Parlamentariern bestückt, die nicht gewählten Kandidaten wurden aus der Datenbank entfernt. Der Kand-O-Mat enthält also die Daten der gewählten Parlamentarier aller fünf im Europäischen Parlament vertretenen deutschen Parteien: Die CDU/CSU ist mit 49 Abgeordneten vertreten, die SPD mit 23, die PDS mit 7, Bündnis 90/Die Grünen mit 13 Abgeordneten und die FDP mit 7. Die Fotos wurden entweder von den Wahlkampfteams der Parteien oder von den Abgeordneten für unser Projekt zur Verfügung gestellt.
Im Januar 2005 sah das Ergebnis wie folgt aus: Bei den Parteien lag die FDP mit einem Durchschnittswert von 4,93 Punkten vor der CSU mit 4,39 Punkten. Als dritte Partei folgte die CDU mit 3,86 Punkten vor der SPD, die einen Wert von 3,67 erreichen konnte. Die Grünen belegten mit 3,63 Punkten den fünften Platz, die PDS mit 3,49 den sechsten und letzten.
Beim Ranking der einzelnen Abgeordneten lagen ebenfalls die Kandidaten der FDP vorn. Die beiden FDP-Europaparlamentarier Alexander Alvaro und Silvana Koch-Mehrin belegten die ersten beiden Plätze. Den dritten Platz konnte Angelika Niebler von der CSU für sich verbuchen.