Bisher veröffentlichen Betreiber amtlicher Webseiten nur sehr zögerlich Teile ihrer Internetauftritte in Leichter Sprache. Kann man mit dieser vereinfachten Ausdrucksweise mehr Menschen erreichen? politik-digital.de hat bei Politikern aller Fraktionen nachgefragt.

Warum gibt es Leichte Sprache und für wen ist sie gedacht? Welche Form des Dialogs ermöglicht sie? Für Menschen, die auf einen Rollstuhl angewiesen sind, gibt es neben Treppen oft Auffahrten. Ein ähnlicher barrierefreier Zugang sollte Menschen mit kognitiven Beeinträchtigungen geboten werden. politik-digital.de hat bei behindertenpolitischen Sprechern aller Bundestagsfraktionen nachgefragt und sich deren Internet-Seiten angesehen. Die Qualität der Umsetzung variiert stark. Auf unsere Fragen geantwortet haben Abgeordnete von FDP, SPD, den Grünen sowie der Bundesbeauftragte für die Belange behinderter Menschen.

Leichte Sprache wurde für Menschen mit Beeinträchtigung oder geringen sprachlichen Fähigkeiten entwickelt, damit komplizierte (Fach-)Texte wie Gesetze, Verträge u.ä. für sie verständlich werden. Kennzeichen ist eine leicht verständliche Ausdrucksweise, dank einfacher Wörter und kurzer Sätze. Darüber hinaus werden meist Bilder in die Texte eingebaut, um deren Inhalt zu verdeutlichen und das Verständnis zu erleichtern. Das Umwandeln eines Textes in Leichte Sprache diene auch der Selbstkontrolle, da Unnötiges entfernt werden müsse, so Nicole Maisch, Mitglied der Grünen-Bundestagsfraktion und eine von wenigen Abgeordneten, die einen Teil ihrer Website in Leichte Sprache übersetzt hat.

Texte in Leichter Sprache sind für kognitiv Beeinträchtigte und Menschen mit Lernbehinderungen verfasst, sie sollen aber auch ein Angebot für Leser mit geringen Deutschkenntnissen sein. Ziel ist es, mit den Menschen ins Gespräch zu kommen und „ihnen politische und gesellschaftliche Prozesse zugänglicher und verständlicher“ zu machen, so Hanka Kliese, SPD-Abgeordnete des Sächsischen Landtags, Sprecherin für Sportpolitik, Behindertenpolitik und Tourismus. Übersetzte Wahlprogramme oder ähnliche Texte in Behördendeutsch könnten auch von Schulklassen und für eine schnelle Information genutzt werden. Markus Kurth, Sprecher für Sozial- und Behindertenpolitik der Grünen-Bundestagsfraktion, ergänzt „dass von leichter Sprache letztlich alle profitieren“. Auch Hubert Hüppe, Beauftragter der Bundesregierung für die Belange behinderter Menschen, sieht einen deutlichen Vorteil von Webseiten in Leichter Sprache, was „den Verantwortlichen in Politik und Verwaltung immer wieder bewusst gemacht werden muss“ . Denn mit einem Angebot in Leichter Sprache können mehr Menschen angesprochen werden und gewinne jeder Internetauftritt an Attraktivität, so Hüppe.

Gerade für die Behindertenpolitischen Sprecher der Parteien sollte die Veröffentlichung eines Teils ihres Internetauftritts in Leichter Sprache also eine Selbstverständlichkeit sein. Doch nicht alle stellen diesen Zugang für einen Dialog bereit, das Angebot ist sogar ernüchternd gering. Gabriele Molitor, Behindertenpolitische Sprecherin der FDP-Bundestagsfraktion, die seit Mitte April einige Texte ihrer Website in Leichte Sprache übersetzen lassen hat, erklärt die mangelhafte Bereitstellung mit dem Zeitmangel der Abgeordneten. Nicole Maisch von den Grünen hingegen ist der Meinung, dass Politiker Menschen durch Sprache ausschließen können und es somit jeden angehe, für Inklusion, also die Einbeziehung durch Leichte Sprache, einzutreten.

Diejenigen Politiker, die Leichte Sprache auf ihrer Homepage integriert haben, sprechen von einer positiven Rückmeldung seitens Kollegen und Interessenvertretern. Anhand der untersuchten Webseiten wird deutlich, dass Inhalte in Leichter Sprache bei den einzelnen Abgeordneten unterschiedlich konsequent umgesetzt sind und dass es bei vielen noch einen enormen Nachholbedarf gibt. Von den Medien gab es bisher übrigens wenig Aufmerksamkeit für das Thema, da auch Journalisten kaum damit vertraut sind.

Für die Zukunft wäre ein Dialog zwischen Politik und Beeinträchtigen über das Medium Leichte Sprache eine Möglichkeit, die genutzt werden sollte, um Barrieren abzubauen und allen Menschen einen Zugang im Sinne der Chancengleichheit zu eröffnen. Denn das Problem könnte einfach gelöst werden, indem grundlegende Texte in Leichte Sprache übersetzt würden. Es wäre auch eine Chance, die UN-Behindertenrechtskonvention durchzusetzen, die bereits seit März 2009 in Deutschland völkerrechtlich verbindlich ist und Barrierefreiheit vorsieht.